Freitag, 22. November 2024

Belgische Spielsucht-Klinik nutzt Virtuelle Realität als Therapie

Mann mit VR Heatset Virtual Reality Die Spielsucht-Klinik in Brüssel simuliert über VR einen Casino-Besuch ihrer Patienten (Bild: Piqsels/CC0)

Eine Spielsucht-Klinik in der belgischen Hauptstadt Brüssel setzt Virtuelle Realität (VR) ein, um Patienten zu therapieren. In einem am Sonntag veröffentlichten Beitrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders RTBF [Seite auf Französisch] berichtet ein an der Klinik tätiger Psychologe vom Therapieablauf und ersten Erfolgen.

Wie der Psychologe Prof. Xavier Noël erklärt, eigne sich die VR-Therapie gut, um „bestimmten“ Personen zu helfen. Während der Therapie erhielten die Patienten ein VR-Headset, um in ein virtuelles Casino einzutreten. Dieses sei mit den für Spielbanken gewöhnlichen Glücksspielen wie Spielautomaten und Spieltischen ausgestattet.

Entsprechende Beleuchtung, Klänge und die Anwesenheit virtueller Casino-Gäste sorgten für ein möglichst realistisches Gesamtbild. Der Patient werde gebeten, seine Eindrücke und Gefühle zu beschreiben. Anschließend solle er sich zu jenem Glücksspiel begeben, welches ihn am meisten anziehe.

Während des gesamten virtuellen Casino-Aufenthalts forderten die Psychologen die Patienten dazu auf, die erlebten Emotionen so detailliert wie möglich zu beschreiben. Noël erklärt:

Durch das in Worte Fassen entsteht eine Distanz zwischen dem, was die Person fühlt und dem, was die Person möchte. Anders ausgedrückt, sobald sich die Person bewusst wird, dass ihr Wunsch zu spielen stärker wird, verringert sich dieser Wunsch tatsächlich wieder.“

Die aufgebaute Distanz zwischen Gefühl und Handlung gebe den Betroffenen ein Stück Kontrolle zurück. In der VR-Umgebung habe sich die Methode als erfolgreich erwiesen. Patienten könnten das Gelernte dann auch in der Realität anwenden und den Impuls zum Spielen im besten Fall mithilfe der Bewusstwerdung und verbalen Formulierung ihrer Gefühle bekämpfen.

Technologien auch für die Prävention von Interesse

Während moderne Technologien derzeit bereits in der Spielsucht-Therapie zum Einsatz kommen, könnten diese auch den Bereich der Prävention revolutionieren. Laut RTBF arbeite Belgiens Marktführer im Online-Glücksspiel, das Unternehmen Gaming1, derzeit an einem auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Programm.

Das neue KI-Programm des Unternehmens analysiere in Echtzeit das Spielverhalten der Spieler, erklärt Gaming1-Manager Thibaut Collard. Der besondere Fokus liege auf etwaigen Veränderungen bei der Spielzeit und den Spieleinsätzen. Die Technologie gleiche jedes Spielmuster dann mit einem zuvor festgelegten „normalem Spielmuster“ ab.

Bemerke das Programm, dass ein Spieler über das „Normale“ hinausgehe, erhalte dieser eine Warnmeldung. Bei weiterhin exzessivem Spiel folge eine automatische Sperre. Ähnliche Technologien werden bereits von internationalen Glücksspiel-Konzernen wie Entain und Flutter Entertainment genutzt.

Derzeit sei der Einsatz derartiger Technologien für belgische Glücksspiel-Anbieter noch nicht verpflichtend. Emmanuel Mewissen, Generaldirektor von Gaming1, rechne jedoch damit, dass sich dies zeitnah ändern könnte.

Wir haben den Eindruck, dass die Regulierung des digitalen Bereichs genau so aussehen wird. Man wird den legalen Anbietern auferlegen, sich damit zu befassen, abweichendes Spielverhalten zu identifizieren. Dem möchten wir vorgreifen. Wir werden zeigen, dass es schon heute möglich ist, die kompetitiven Webseiten aufrechtzuerhalten und gleichzeitig zu vermeiden, dass Spieler ein Suchtproblem entwickeln.“

Bereits in wenigen Wochen sei der Launch der neuen KI-Technologie geplant. Gaming1 sei damit bereit für die erwartete Gesetzesänderung. Angesichts der jüngsten Verschärfungen der belgischen Glücksspiel-Gesetze könnte eine solche Maßnahme möglicherweise nicht mehr lange auf sich warten lassen.