Was hat sich mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 in Deutschland verändert?
Was hat sich durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 bisher konkret geändert? (Bild: PxHere/UiHere)Als eines der letzten Länder der EU hat auch Deutschland in diesem Jahr das Online-Glücksspiel legalisiert. Die Einwohner aller Bundesländer können seit dem 1. Juli 2021 legal in Online-Casinos oder Online-Poker-Rooms spielen – zumindest theoretisch.
Praktisch nämlich herrscht auf der offiziellen White List über legale Glücksspiel-Angebote auch nach sechs Monaten noch gähnende Leere in den Rubriken Online-Spielautomaten, Online-Casinospiele und Online-Poker.
Was hat sich also bei der Regulierung des Glücksspiels in Deutschland in diesem Jahr tatsächlich getan? Wir blicken zurück auf die jüngsten Entwicklungen rund um den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 2021.
Die Legalisierung des Online-Glücksspiels in Deutschland wird von der nationalen und internationalen Glücksspiel-Branche grundsätzlich sehr begrüßt. Anbieter und Branchenverbände jedoch kritisieren, dass der Vertrag zu viele und zu strenge Restriktionen beinhaltet. Dazu zählen:
- Ein monatliches und anbieterübergreifendes Einzahlungslimit von 1.000 Euro.
- Eine verpflichtende Spielpause von fünf Minuten nach je 30 Minuten Spielzeit.
- Ein Verbot des parallelen Spiels auf mehreren Glücksspiel-Webseiten.
- Eine Wartezeit von 5 Minuten zwischen dem Spiel auf zwei verschiedenen Webseiten.
- Eine verpflichtende aktive Bestätigung durch Spieler nach 60 Minuten, wenn ein Weiterspielen gewünscht ist.
- Eine Mindestdauer pro Spielrunde (Spin) von 5 Sekunden bei Online-Spielautomaten.
- Ein Verbot der Bankhalterspiele wie Roulette, Blackjack und Baccarat (Sonderregelungen je nach Bundesland möglich).
- Ein Verbot des Poker-Spiels gegen ein Computer-Programm (Spiel muss zwischen natürlichen Personen stattfinden).
- Ein Verbot von Glücksspiel-Werbung zwischen 6 und 21 Uhr.
International aktive Glücksspiel-Anbieter wie Entain, bet365 und Flutter Entertainment hatten in ihren jüngsten Geschäftsberichten betont, sich vom deutschen Glücksspiel-Markt in naher Zukunft keine merklich steigenden Einnahmen zu erhoffen. Grund dafür seien die vielen Restriktionen. Strikte Einsatzlimits und Spielpausen bei lizenzierten Anbietern könnten dazu führen, dass Spieler die Angebote des Schwarzmarkts bevorzugen.
Das Grundgerüst steht
Damit der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten und das Online-Glücksspiel legalisiert werden konnte, mussten zunächst 13 der 16 deutschen Bundesländer ihre Zustimmung erteilen. Der Weg dahin schien seit Mitte 2020 holprig und ungewiss.
Tatsächlich machten einige Länder es noch bis Frühling dieses Jahres spannend. Innerhalb der deutschen Landtage gab es meist zwei Parteien, die sich gegen den Staatsvertrag aussprachen. Diese waren jedoch stets in der Minderheit. Die Mindestanzahl der 13 Zustimmungen wurde schließlich am 24 März erreicht.
Nordrhein-Westfalen stimmte als eines der letzten Bundesländer über den GlüStV ab (Bild: Landtag NRW)
Einen Monat später gab schließlich auch das Land Sachsen-Anhalt sein Okay. Obwohl ein Nein des Landes eigentlich an der Gesamtentscheidung Deutschlands nichts mehr hätte ändern dürfen, galt die Zustimmung als wichtig. Es wurde nämlich beschlossen, dass die neue Glücksspiel-Behörde ihren Sitz in Sachsen-Anhalt haben werde.
Wo bleibt die Glücksspiel-Behörde?
Viele Gegner des Glücksspielstaatsvertrags waren der Auffassung, dass es zu früh sei, das Online-Glücksspiel in Deutschland zu legalisieren. Schließlich gebe es noch keine Glücksspiel-Behörde, die sich der anstehenden Aufgaben annehmen könne.
Haben die kritischen Stimmen recht behalten? Seitens des Innenministeriums Sachsen-Anhalt heißt es aktuell, dass die „Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder“ (GGL) aller Voraussicht nach im Jahr 2023 vollständig arbeitsfähig sein werde. Der Fokus der neuen Behörde solle auf der Regulierung des Online-Glücksspiels liegen.
Die leere weiße Liste der Online-Casinos
Im Bereich Online-Casino scheint es aktuell jedoch noch nicht viel zu regulieren zu geben. Während auf der vom Innenministerium Sachsen-Anhalt geführten „White List“ in der Sparte „Sportwettanbieter mit Internetvertrieb“ derzeit 35 Lizenznehmer gelistet sind, sind die Kategorien Virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele nach wie vor leer.
Während die Glücksspielaufsicht der Länder weiter auf sich warten lässt, fallen deren künftige Aufgaben nach Angabe des Innenministeriums vorerst in den Arbeitsbereich des Landesverwaltungsamts in Halle (Saale). Dazu heißt es auf der Webseite des Ministeriums:
Noch scheint das Landesverwaltungsamt sich dieser Aufgabe jedoch nicht angenommen zu haben. Dazu, ob die ersten Lizenzen für Online-Casinos somit möglicherweise doch erst mit Arbeitsbeginn der GGL im Jahr 2023 ausgestellt werden könnten, haben sich weder Amt noch Ministerium geäußert. Insgesamt herrscht dort zum Thema Glücksspiel seit Monaten Stillschweigen.