Casinos verwenden eine Reihe von Tricks beim Design, damit Spieler länger bleiben (Bild: CasinoOnline.de)

Casino-Design: Dank dieser Tricks verweilen Spieler länger

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Ein Casino zu betreten, gleicht einer Reise in eine völlig andere Welt. Perfekt kombinierte warme und schillernde Lichter und Farben, wohlige Gerüche, elegante und dezente Dekoration und kaum merkliche, aber perfekt passende Hintergrundmusik lassen Sie die Welt draußen für ein paar Stunden völlig vergessen.

Der Zauber der glitzernden Casino-Welten ist gewiss kein Zufall. Vielmehr ist das heutige Design der Casinos das Ergebnis jahrzehntelanger Forschung und Erprobung. Insbesondere zwei Männer haben die Branche in designtechnischer Hinsicht maßgeblich geprägt: Bill Friedman und Roger Thomas.

Venetian Casino bei Nacht außen

Die bekanntesten Casinos der Welt arbeiten mit den Tricks von Friedman und Thomas (Bildquelle: CasinoOnline.de)

Austoben konnten sich die beiden US-amerikanischen Casino-Experten im Glücksspiel-Paradies Las Vegas. Ihre Ansätze und Empfehlungen hätten jedoch unterschiedlicher kaum sein können.

Wir verraten Ihnen, welche Tricks Friedmann und Thomas den Casino-Bossen beigebracht haben, um die Kunden im Casino zu halten und somit ihre Profite zu maximieren.

Bill Friedman: das klassische Design

Die Lebensgeschichte von Bill Friedman lässt sich durchaus als außergewöhnlich beschreiben. Man könnte fast sagen, Friedmann hat sich mit seinem schlimmsten Feind verbündet. In jungen Jahren nämlich hatte der spätere Casino-Guru über einen längeren Zeitraum persönlich mit Spielsucht zu kämpfen.

Bill Friedman

Casino-Guru Bill Friedman prägte das Design zahlreicher Casinos in Las Vegas (Bildquelle: http://www.friedmanspeaksvegas.net/about_bill.html)

Statt die Branche jedoch zu verwünschen oder gemeinsam mit anderen Ex-Spielsüchtigen und Glücksspiel-Gegnern gegen Casinos und Spielhallen zu protestieren, begann Friedman, den Ursachen seiner Spielsucht auf den Grund zu gehen.

Er wollte herausfinden, was genau den Reiz von Casinos und Glücksspiel ausmacht. Nach Jahren der Forschung bekleidete er schließlich einen Lehrstuhl an der Universität Nevada Las Vegas, wo er Casino-Management lehrte.

Seine Erkenntnisse fasste er später dann auch auf 630 Seiten in seinem Buch „Designing casinos to dominate the competition: The Friedman international standards of casino design“ zusammen. Der englischsprachige Schinken wurde zum Leitfaden schlechthin für Casinos in aller Welt.

Für ein zeitloses Gefühl: keine Fenster, keine Uhren

Eines von Friedmans Grundkonzepten ist das Gefühl der Zeitlosigkeit im Inneren der Casinos. Wer ständig daran erinnert wird, wie viele Stunden des Glücksspiels bereits vergangen sind, fühlt sich laut Friedman nervös und unter Druck.

Wanduhr mit römischen Zahlen

Casino-Gäste sollen bei ihrem Aufenthalt nicht an die Zeit erinnert werden (Bildquelle: Pixabay)

Aus diesem Grund hängen heute in den meisten Casinos der Welt keinerlei Uhren. Das gilt auch für die älteste Uhr der Welt: die Sonne. Casinos sollten laut Friedman auch gänzlich auf Fenster verzichten, die den Spielern dank dem Tageslicht draußen einen groben Eindruck vermitteln könnten, wie lange sie bereits im Casino weilen.

Keine Ablenkung durch Deko oder leere Flächen

Damit sich Spieler voll und ganz auf das Glücksspiel konzentrieren können, vermeiden Casinos nach dem Friedman-Modell jedwede Form von Ablenkung. In den Spielsälen der Casinos findet man daher keinerlei Dekoration, die die Blicke der Besucher lange auf sich ziehen würde.

Blickfang sollen stattdessen die Spielautomaten und Spieltische selbst bleiben. Diese werden bewusst so designt, dass sie für die Besucher des Casinos ein schöner Anblick sind. Spielautomaten faszinieren optisch zum Beispiel mit bunten blinkenden Lichtern.

Spielautomat

Die Spielautomaten selbst sollen durch blinkende Lichter und bunte Farben alle Aufmerksamkeit auf sich lenken (Bildquelle: CasinoOnline.de)

Die Beleuchtung um die Spielgeräte herum hingegen bleibt dezent und dient dazu, Ihren Blick automatisch zu den Automaten schweifen zu lassen.

Laut Friedman sollten Casinos auch auf große leere Flächen verzichten, inklusive dem Eingangsbereich. In diesem sollten vielmehr bereits die ersten Spielgeräte gut sichtbar aufgestellt werden, um die Besucher direkt nach Betreten an das Glücksspiel denken zu lassen.

Kleine Säle und niedrige Decken für eine intime Atmosphäre

Nach Beseitigung aller möglichen Ablenkungsfaktoren empfiehlt Friedmann den Casinos, ihre Säle und Gänge möglichst wohlig und intim zu gestalten. Für die ideale Atmosphäre sollen daher kleinere Spielsäle mit niedrigen Decken sorgen. Bei sehr hohen Wänden, so Friedmann, entstehe der Eindruck, in einer Scheune zu sein.

Casino Spielsaal Spieltische Menschen

Friedman empfiehlt niedrige Decken für eine intime Atmosphäre (Bildquelle: Pixabay)

Mehrere kleinere Spielsäle statt wenige große zu betreiben, biete zudem den Vorteil, dass die Säle in ihrem Stil und damit der Atmosphäre variieren könnten. Auch erwecke dies bei Besuchern die Neugier, was sich im Raum nebenan verberge.

Es entstehe also keine Langeweile, die die Kunden womöglich aus reiner Lust nach Vielfalt heraus veranlassen könnte, ein anderes Casino aufzusuchen.

Kein Weg zurück nach draußen: Casinos als Labyrinth

Dass die Kunden zur Konkurrenz überlaufen, soll darüber hinaus durch einen grundsätzlich Labyrinth-artigen Bau des Casinos verhindert werden. Friedman empfiehlt, den Gästen „die Orientierung zu nehmen“.

Wer nach dem Ausgang des Casinos sucht, soll immer wieder an weiteren interessanten Sälen und Spielgelegenheiten vorbeikommen.

Selbst der Weg zur Toilette soll lang und gewunden sein und den Blick auf viele interessante Angebote lenken. Um den Effekt zu maximieren, sollten die Gänge zwischen den Räumen eher eng sein. So werden die Augen der Kunden genau auf das gelenkt, was das Casino möchte, statt die Blicke schweifen zu lassen.

Roger Thomas: das moderne Design

Wenn es jemanden gibt, der Friedman in vielerlei Hinsicht widersprechen würde, dann ist es Casino-Experte Roger Thomas. Der Mann ist dafür bekannt, Las Vegas komplett neu designt und einige berühmte Casinos, darunter Steve Wynns Bellagio Casino & Resort, von Friedmans Ideen abgewandt zu haben.

Roger Thomas

Casino-Designer Roger Thomas sieht vieles anders als Frieman (Bildquelle: https://therogerthomascollection.com/)

Für Thomas zählte vor allem eines: Besucher sollten sich nicht nur wohl, sondern auch frei fühlen dürfen.

Großflächige Säle und hohe Decken

Zunächst war er der Ansicht, dass Kunden nicht in kleine dunkle „Boxen“ mit Automaten und Spieltischen gepfercht werden sollten. Die Enge würde den Spielern die Luft zum Atmen und damit auch die Konzentration nehmen.

Die Spielsäle sollten daher ebenso wie Flure und Eingangsbereiche großflächig und mit hohen Wänden gebaut werden. Besucher sollten keineswegs die Orientierung verlieren, sondern stets den Überblick bewahren.

Auf diese Weise erhielten sie nicht den Eindruck, eingesperrt oder gefangen zu sein, wodurch sie freiwillig und gerne länger im Casino verweilten und somit auch mehr Geld an Automaten und Tischen ließen.

Luft zum Atmen und Entspannen

Auch Friedmans Idee, auf Fenster und den Blick nach draußen zu verzichten, teilte Thomas nicht. Stattdessen sollten Kunden zwischen ihren spannenden Glücksspiel-Partien die Möglichkeit erhalten, sich kurz mental auszuklinken und frische Luft zu atmen.

Die größten und erfolgreichsten Casinos der Welt verfügen daher heute alle über idyllische und gemütliche Außenbereiche, die den Gästen den perfekten Ausgleich zum Nervenkitzel innerhalb der Spielsäle bieten.

Beeindruckende Architektur und Dekoration

Auch in Bezug auf das rein Optische sollten laut Thomas nicht nur die Spielgeräte und Tische selbst etwas darbieten. Pompöse und atemraubende Dekorationen seien keineswegs eine Ablenkung vom Glücksspiel, sondern ein weiterer Wohlfühlfaktor, der den Casino-Aufenthalt insgesamt verlängere, so der Experte.

Venetian Casino Venedig Kanal Imitation Gondeln Shops

Casinos wie das Venetian beeindrucken heute mit grandioser Innenarchitektur (Bildquelle: CasinoOnline.de)

Wer in den größten Casinos von Las Vegas oder Macau die wirklich beeindruckende Wand- oder Deckenmalerei sieht, versteht sofort, worauf Thomas abgezielt hat.

Worauf es wirklich ankommt

In einigen Punkten sind sich die Casinos in aller Welt heute einig: Gäste sollen beeindruckt werden und den Alltag und die Welt draußen vergessen, ohne sich dabei überwältigt oder eingeengt zu fühlen.

Worauf es dabei wirklich ankommt, ist die perfekte Balance aus verschiedenen Wohlfühlfaktoren, die in zum Teil subtiler Weise dargeboten werden. Interessant sind auch die verschiedenen Studien und Umfragen, die zum Thema durchgeführt worden.

Entspannte und glückliche Kunden: 1 zu 0 für Thomas

Forscher der kanadischen Universität Guelph haben in einer Studie aus dem Jahr 2006 konkret das Modell Friedman mit dem Modell Thomas verglichen. Sie schickten dazu eine Gruppe von Probanden mit zur Verfügung gestellten Geldern in verschiedene Casinos, die entweder klassisch oder modern designt waren.

Das Ergebnis: Tatsächlich berichteten die Testspieler, sich in den klassischen Casinos eingeengt und gestresst gefühlt zu haben. Das moderne Design nach Thomas hingegen biete ausreichend Balance, um Stressfaktoren ausgleichen zu können. 

Die betörenden Aromen der Casinos

Ebenfalls im Jahr 2006 wurde in der Fachzeitschrift Psychology & Marketing eine Studie zum Thema Gerüche und Aromen in Casinos veröffentlicht. Der Autor Dr. Alan Hirsch, Neurologe und Psychiater, fand in der Studie heraus, dass gewisse Aromen in der Raumluft das Verhalten von Kunden und Gästen beeinflussen können.

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Viele Casinos lassen dezente Aromen in die Raumluft strömen, um die Spieler zu entspannen (Bildquelle: Pixabay)

Die Erkenntnisse aus dieser und ähnlichen Studien nutzen heute nicht nur Casinos, sondern auch Kaufhäuser, Flughäfen und Gastronomiebetriebe. Welche Aromen im Detail verwendet werden, scheint jedoch ein Industrie-Geheimnis zu sein.

Schließlich sollen Konsumenten natürlich nicht wissen, wann, wo und wie sie subtil manipuliert werden, um mehr Geld auszugeben.

Online-Casinos benötigen andere Tricks

Was in den landbasierten Casinos, Spielhallen und auch Wettbüros so hervorragend funktioniert, ist jedoch nicht unbedingt auf das Online-Glücksspiel anwendbar. Ob es eines Tages Computer geben wird, die die passenden Aromen freisetzen, wenn Sie Online-Roulette spielen, bleibt fraglich.

NetEnt Slot Parthenon

In Online-Casinos sollen die Spiele selbst den Spieler in ihren Bann ziehen (Bildquelle: NetEnt)

Online-Casinos müssen sich daher anderer Tricks bedienen als ihre landbasierten Vorgänger. Da die Betreiber keinerlei Einfluss auf die Umgebung haben können, in der sich der Online-Spieler befindet, muss das Online-Casino selbst die Spieler in seinen Bann ziehen.

Totaler Fokus auf das Spiel

Wichtig ist zum Beispiel der Verzicht auf visuelle Ablenkung. Wenn Sie auf dem PC oder Smartphone einen Online-Slot spielen, füllt dieser in der Regel den gesamten Bildschirm aus. Dort, wo das nicht der Fall ist, wird auf ablenkende Einblendungen am Rand, wie Informationen oder Werbung, verzichtet.

Perfekt passende Musik zu jedem Spiel

Insbesondere Online-Slots sind darüber hinaus oft mit einer perfekt zum Spiel passenden Musik unterlegt. Diese ist thematisch stimmlich und deutlich weniger subtil als die Musik in einem echten Casino.

Keine Zeit für Langeweile

Und auch im Online-Casino darf  der Langeweile kein Raum geboten werden. Regelmäßige Belohnungen, Boni und Extras sorgen dafür, dass die Spieler länger zocken und dem Casino treu bleiben.

Falls Sie schon einmal die Erfahrung gemacht haben, deutlich länger im Casino verweilt zu sein oder online gespielt zu haben, als Sie geplant hatten, dann wissen Sie jetzt, woran das gelegen haben könnte. Dem Reiz des Glücksspiels können jedoch sicherlich auch die fiesesten Tricks der Branche nichts abtun.

 

https://gizmodo.com/how-casinos-use-design-psychology-to-get-you-to-gamble-1667182023

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/mar.4220120703

https://www.goodreads.com/book/show/4723977-designing-casinos-to-dominate-the-competition

https://www.sciencefriday.com/articles/the-psychogeography-of-a-las-vegas-casino/

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Sonja Çeven
Sonja Çeven

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